Etablierung urbaner Bioräume

Ausgehend von den food4future-Extremszenarien, in denen zukünftig eine ausreichende Nahrungsversorgung weder durch weltweiten Handel („No Trade“) , noch durch genügend Acker- und Weideflächen für die konventionelle Kultivierung von Pflanzen und Zucht von Tieren („No Land“) gewährleistet werden kann, müssen Alternativen geschaffen werden, welche es erlauben, Nahrungsmittel unabhängig von diesen Faktoren in ausreichender Menge und Qualität zu produzieren. Eine Möglichkeit stellt hierbei die Entwicklung so genannter „Urbaner Bioräume“ dar, welche den verschiedenen Organismen optimale Wachstumsbedingungen bieten und somit eine hohe Produktivität auf geringem Raum ermöglichen. Sie können beispielsweise aus einer Vielzahl verschiedenartiger, abgeschlossen – er Einzelzellen so genannte Kompartimente  – zusammengesetzt werden und so an wechselnde Anforderungen wie verfügbaren Platz, Mengenbedarf oder Art des Organismus angepasst werden. Aufgrund des modularen Aufbaus ist die Integration der Bioräume in ein urbanes Umfeld problemlos möglich, weshalb bislang ungenutzter Raum an öffentlichen Orten oder auf Hausdächern effektiv für die Nahrungsmittelproduktion genutzt werden kann.

Urbane Bioräume zur Nahrungsmittelproduktion in einem U-Bahnhof. (Illustration: headland für food4future)

An die Eigenschaften der Kompartimente werden dabei sehr hohe Anforderungen gestellt. Sie müssen einerseits eine ausreichende mechanische Belastbarkeit aufweisen, um beispielsweise ein maschinelles Abernten zu ermöglichen. Andererseits sollte das Gewicht der Einheiten so gering wie möglich sein, um die Statik bestehender Gebäude, in die die Kompartimente integriert werden, nicht zu beeinträchtigen. Weitere wichtige Eigenschaften der Baumaterialien können UV-Stabilität oder Transparenz sein, damit zum Beispiel Sonnenlicht in den Innenraum eindringen kann. Hierfür werden geeignete faserverstärkte Materialien entwickelt, welche das Potenzial besitzen, die geforderten Eigenschaften zu vereinen. Sie bestehen beispielsweise aus Glasfasern, die für eine hohe mechanische Festigkeit der Werkstoffe sorgen, und Kunststoffen (Reaktivharze), welche den Bauteilen ihre Form verleihen und eine hohe Beständigkeit gegen Umwelteinflüsse ermöglichen. Die chemischen und physikalischen Eigenschaften der Reaktivharze können entsprechend der jeweiligen Anforderungen eingestellt werden.

Um im Inneren der Kompartimente ideale Wachstumsbedingungen für die verschiedenen Organismen zu erzeugen, ist außerdem die Integration von geeigneten Wärme- und Lichtquellen erforderlich. Dabei werden die optimalen Bedingungen durch die Projektpartner*innen im Rahmen der Projekte des Forschungsfelds Organismen ermittelt. Entsprechende technische Vorrichtungen wie LED-Module oder Heizleiter werden in die faserverstärkten Kunststoffe integriert.

Im Projektverlauf sollen mit den entwickelten Materialien und Methoden mehrere solcher Kompartimente als Labormuster entstehen, anhand derer die Möglichkeiten der Kultivierung von nahrungsmittelliefernden Organismen im urbanen Umfeld gezeigt werden kann. Begleitend dazu soll ein Konzept für den Einsatz unter Berücksichtigung verschiedener Umgebungssituationen in diesem Umfeld erarbeitet werden.

Text: J. Sabban, O. Kahle, PYCO

Kontakt
Fraunhofer IAP, Forschungsbereich Polymermaterialien und Composite PYCO
Schmiedestr. 5
15745 Wildau 

pmp Projekt Gesellschaft für Projektentwicklung und Generalplanung mbH
Max-Brauer-Allee 79
22765 Hamburg

Webseiten
www.iap.fraunhofer.de, Forschungsbereich PYCO
www.pmp-architekten.de

Projektlaufzeit 
März 2019 - Februar 2024

Interaktion zu f4f- und assoziierten Partnern
ATB, IGZ, ZMT
InnoMat GmbH

Portraitfoto Prof. Dr. Christian Dreyer

Prof. Dr. Christian Dreyer

Projektleiter | Leitung Forschungsfeld Urbane Bioräume

christian.dreyer@iap.fraunhofer.de

T +49(0) 3375 2152-280

Prof. Dr. Christian Dreyer ist stellvertretender Leiter des Forschungsbereichs Polymermaterialien und Composite PYCO des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Polyermerforschung IAP und Professor für Faserverbund-Materialtechnologien an der Technischen Hochschule Wildau. Neben der Entwicklung neuer faserverstärkter Leichtbaumaterialien liegt der Fokus seiner Arbeit auf der Erforschung alternativer Härtungsmethoden für Reaktionsharze mittels UV-Strahlung und Mikrowellen. Bei food4future ist er Projektleiter für den Forschungsbereich PYCO sowie Arbeitsfeldleiter für die Urbanen Bioräume.

Portraitfoto Jürgen Padberg

Jürgen Padberg

Projektleiter

Jürgen Padberg, Dipl.-Ing. Architekt, Dombaumeister. Geschäftsführender Gesellschafter bei pmp Projekt GmbH.

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Dr. Theresa Förster

Wissenschaftlerin

Dr. Theresa Förster ist Werkstoffwissenschaftlerin und wissenschaftliche Mitarbeiterin im Forschungsbereich Polymermaterialen und Composite des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Polymerforschung IAP. In food4future unterstützt Sie die Entwicklung nachhaltiger Faserverbundmaterialien.

Portraitfoto Jens Möhlenkamp

Jens Möhlenkamp

Architekt bei pmp Projekt GmbH
Portraitfoto Felix Behrendt

Dr. Felix Behrendt

Wissenschaftler

Dr. Felix Behrendt ist Polymerchemiker und wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungsbereich Polymermaterialien und Composite PYCO des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Polymerforschung IAP. Der Schwerpunkt seiner Arbeiten liegt in der Entwicklung und Modifizierung von Reaktivharzen für faserverstärkte Kunststoffe. In food4future ist er für Materialentwicklung und -tests im Bereich der Organismen-Kompartimente zuständig.

Portraitfoto Jakob Sabban

Jakob Sabban

ehem. f4f-Mitarbeiter
Portraitfoto Olaf Kahle

Dr. Olaf Kahle

ehem. f4f-Mitarbeiter

Publications

Fricke A., Psarianos M., Sabban J., Fitzner M., Reipsch R., Schlüter O.K.Dreyer C., Vogt J.H-M., Schreiner M. and Baldermann S. (2022) "Composite materials for innovative urban farming of alternative food sources (macroalgae and crickets). (Front. Sustain. Food Syst.)
doi:10.3389/fsufs.2022.1001769