Nachhaltige Nahrungsquelle Makroalgen – Innovation aus der Forschung

Europäischer Queller (Salicornia eropaea) ist ein Halophyt. (Foto: M. Fitzner, IGZ)

Makroalgen sind eine vielversprechende Ressource für die Ernährung der Zukunft. Sie wachsen schnell, benötigen weder Süßwasser noch Ackerflächen und enthalten eine Vielzahl an Nährstoffen wie Proteine, Vitamine und Mineralstoffe. In der ersten Förderphase von „food4future“ wurden Ulva compressa und Ulva fenestrata – auch als Meersalat bekannt – erfolgreich als Modellorganismen für die urbane Kultivierung identifiziert. Mittels innovativer biobasierter Materialien mit Funktionsintegration und der Nutzung von regionalem Sole-Wasser, beispielsweise aus der Therme Bad Saarow, konnten erstmalig urbane Kultivierungssysteme für eine nachhaltige Indoor-Produktion von salinen Nahrungsorganismen wie Makroalgen, aber auch Halophyten und Quallen, entwickelt werden.

Auf diesen innovativen Ansatz baut die zweite Projektförderphase auf. Die bisherigen Labormuster und Pilotprojekte werden weiter skaliert, um eine kommerzielle Nutzung zu ermöglichen. Dabei stehen nachhaltige Materialien und ressourcenschonende Verfahren im Fokus, einschließlich der Nutzung erneuerbarer Energien zur Minimierung der Umweltauswirkungen. Die urbanen, salinen Indoor-Kultivierungssysteme werden aufskaliert, um eine größere Biomasse- und Inhaltsstoffproduktion zu ermöglichen. Erweiterte Produktionsanlagen mit einem Fassungsvermögen von bis zu 2000 Litern gewährleisten eine stabile und qualitativ hochwertige Makroalgenproduktion. Neben Ulva-Arten werden weitere vielversprechende Algenarten wie Ceramium virgatum auf ihre Eignung für die Produktion und ihre ernährungsphysiologischen Vorteile hin untersucht. Die Forschung konzentriert sich auch auf die Optimierung der Nährstoffprofile und wertgebenden Inhaltsstoffe durch Anpassung der Kultivierungsbedingungen wie Lichtintensität, Temperatur und Nährstoffzusammensetzung. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Anwendung von UVB-LED-Technologien, die bereits positive Effekte auf Inhaltsstoffe wie Vitamine und Antioxidantien gezeigt haben.

Im Sinne eines zirkulären Ansatzes testet das f4f-Projekt, wie Nährstoffe nicht nur über aufgereinigtes Sole-Abwasser, sondern auch aus weiteren Reststoffströmen wie beispielsweise Abwasser aus der Garnelenproduktion oder dem Salzbergbau, in die Makroalgenkultivierung integriert werden können. So wird die Makroalgenproduktion nicht nur ressourceneffizienter, sondern auch nachhaltiger gestaltet. Zusätzlich wird geprüft, wie Makroalgen in Co-Kultivierungen mit anderen Organismen wie Halophyten oder Mikroalgen integriert werden können, um Synergien bei der Nährstoffnutzung und CO2-Verwertung zu erzielen. Die gewonnene Biomasse und der Nährstoffreichtum der Makroalgen bieten vielfältige Anwendungsmöglichkeiten: Sie kann in Lebensmitteln wie Brot, Pasta oder Snacks verarbeitet werden und eröffnet der Lebensmittelindustrie neue Wege, gesunde und innovative Produkte zu entwickeln. Darüber hinaus wird die Bioverfügbarkeit der Makroalgen getestet, um die Nährstoffaufnahme beim Menschen zu maximieren. Dies geschieht in enger Zusammenarbeit mit food4future-Partnern, die sich auf ernährungsphysiologische Studien spezialisiert haben.

Die Vision von food4future ist klar: Mit Makroalgen wird nicht nur eine neue, nachhaltige Nahrungsquelle erschlossen, sondern auch ein bedeutender Beitrag zur Sicherung der globalen Ernährung geleistet. Die Forschung im Future Food Living Lab, einem Reallabor für innovative Agrarsysteme, wird zusätzlich durch digitale Werkzeuge unterstützt, um den Produktionsprozess konsequent weiter zu optimieren. Dieses food4future-Projekt legt den Grundstein, um Makroalgen in urbanen Systemen zu integrieren und sie fest in einer verbrauchernahen Lebensmittelproduktion der Zukunft zu etabliieren.

Gemischte Algengemeinschaft aus Rot- Grün- und Braunalge ursprünglich von der helgoländischen Küste. (Foto: A. Fricke, IGZ)

Im weiteren Verlauf ist die Entwicklung der Kultivierung von Makroalgen und Halophyten in einem geschlossenen land-basierten System und ihre Nutzung für die menschliche Ernährung Ziel der Forschungsaktivitäten. In Zusammenarbeit mit den anderen f4f-Projektpartner*innen sollen innovative, nachhaltige und ökologische Produktionssysteme zur integrativen Kultivierung von gesunder, nahrhafter Makroalgen- und Halophytenbiomasse in Stadtgebieten entwickelt werden.

Neben der Optimierung der Produktion für einzelne Organismen sollen effiziente und flexible Co-Kultivierungssysteme für alle f4f-Organismen entwickelt werden.

Text: M. Fitzner, S. Baldermann, IGZ

Kontakt
Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau (IGZ)
Theodor-Echtermeyer-Weg 1
14979 Großbeeren

Webseite
www.igzev.de

Projektlaufzeit
März 2019 - Februar 2024

Interaktion zu f4f- und assoziierten Partnern
ATB, pmp, PYCO, ZMT
ADM Wild Europe GmbH & Co. KG, InnoMat GmbH, Osram Opto Semiconductors GmbH

Portraitfoto von Prof. Dr. Susanne Baldermann

Prof. Dr. Susanne Baldermann

Projektleiterin | Leitung Forschungsfeld Organismen

baldermann@igzev.de
T +49 (0) 33701 78 241

Prof. Dr. Susanne Baldermann leitet die Arbeitsgruppe „Lebensmittelchemie und Ernährung“ im Programmbereich „Pflanzenqualität und Ernährungssicherheit“ am Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau (IGZ). Sie ist assoziiert an das Institut für Ernährungswissenschaft, Lehrstuhl für Lebensmittelchemie der Universität Potsdam. Ihr wissenschaftlicher Fokus liegt auf der Analyse des Sekundärstoffwechsels in pflanzlichen Lebensmitteln und deren Bedeutung für die Lebensmittelqualität. In food4future leitet sie das Forschungsfeld "Organismen".

Potraitfoto Prof. Dr. Monika Schreiner

Prof. Dr. Monika Schreiner

Projektleiterin | Koordinatorin

schreiner@igzev.de
T +49 (0) 33701 78 304

Prof. Dr. Monika Schreiner leitet den Programmbereich Pflanzenqualität & Ernährungssicherheit am Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau (IGZ) und ist Honorarprofessorin an der Universität Hannover. Sie befasst sich mit der Aufklärung und Beeinflussung des pflanzlichen Sekundärmetabolismus mit dem Ziel der Optimierung für die menschliche Ernährung. Sie ist Koordinatorin des food4future-Konsortiums sowie im Projekt "Makroalgen und Halophyten" involviert. Überdies ist sie Koordinatorin zentralen Koordinierungsstelle der übergeordneten Förderlinie Agrarsysteme der Zukunft.

Portraitfoto Dr. Anna Fricke

Dr. Anna Fricke

Wissenschaftlerin

fricke@igzev.de
T +49 (0) 33701 78 305

Dr. Anna Fricke ist Wissenschaftlerin im Programmbereich „Pflanzenqualität und Ernährungssicherheit“ am Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau (IGZ). Ihr Interesse gilt der Untersuchung der Biodiversität, Physioökologie und Nutzung von benthischen Algen. Im food4future-Projekt "Makroalgen und Halophyten" ist sie für die Kultivierung und Untersuchung der weiteren potentiellen Anwendungen von Makroalgen im Lebensmittelsmittelbereich zuständig.

Videos

Lunch Break Series

Die Videos sind Teil der Lunch Break Series, einer gemeinsamen Veranstaltungsreihe des FUTURIUMs und food4future. Alle zehn Beiträge können Sie hier ansehen.

Lernen von japanischem Essen ​​​​​
Eine Lebensmittelchemikerin gibt Einblicke
Prof. Dr. Susanne Baldermann

Design-Food: Algen als Rohstoff für die Zukunft
Dr. Anna Fricke

Halo…was? Halophyten! Wie man Salzpflanzen lecker zubereitet
Maria Fitzner

Weitere Videos

Development of integrative land-based macroalgal cultivation
Poster-Video Anna Fricke et al.,
Seagriculture Konferenz 2020

Alternative nachhaltige Nahrungsquellen | re:publica Campus
Prof. Dr. Susanne Baldermann und Prof. Dr. Tilman Brück

Publikationen

Fricke A, Harbart V, Schreiner M, Baldermann S. (2023). A proof of concept for inland production of the “sea-vegetable” Ulva compressa in Brandenburg (Central Europe) using regional saline groundwater. (Algal Research).
doi10.1016/j.algal.2023.103226

Fitzner M, Schreiner M and Baldermann S. (2023) Comprehensive Characterization of selected phytochemicals and minerals of selected edible halophytes grown in saline indoor farming for future food production. Journal of Food Composition and Analysis
doi:10.1016/j.jfca.2023.105435

Fitzner MSchreiner M, Baldermann S. (2023) The interaction of salinity and light regime modulates photosynthetic pigment content in edible halophytes in greenhouse and indoor farming. Frontiers in Plant Science.
doi:10.3389/fpls.2023.1105162

Fricke A., Psarianos M., Sabban J., Fitzner M., Reipsch R., Schlüter O.K.Dreyer C., Vogt J.H-M., Schreiner M. and Baldermann S. (2022) "Composite materials for innovative urban farming of alternative food sources (macroalgae and crickets). (Front. Sustain. Food Syst.)
doi:10.3389/fsufs.2022.1001769

Psarianos M., Fricke A., Ojha S., Baldermann S., Schreiner M., Schlüter O.K. (2022) Effect of Narrowband UV-B Irradiation on the Growth Performance of House Crickets (Foods)  
doi.org:10.3390/foods11213487​​​​​​​

Wikandari R., Manikharda, Baldermann S., Ningrum A. & Taherzadeh M. J (2021) Application of cell culture technology and genetic engineering for production of future foods and crop improvement to strengthen food security, Bioengineered, 12:2, 11305-11330, 
doi:10.1080/21655979.2021.2003665

Fitzner M, Fricke A, Schreiner M, Baldermann S. (2021) Utilization of Regional Natural Brines for the Indoor Cultivation of Salicornia europaeaSustainability. 13(21):12105.
doi:10.3390/su132112105

Bermejo R, Buschmann A, Capuzzo E, Cottier-Cook E, Fricke A, Hernández I, Hofman LC, Rereira R, van den Burg S, Grace M, Mukherjee N, Wendling L. (2022) Report: Macoralage cultivation and ecosystem services. Eklipse Expert Working Group Macroalgae. 
Finaler Report (PDF)