Innovative Nahrung für die Zukunft: Untersuchung der öffentlichen Wahrnehmung durch Partizipationsexperimente

Interview mit Madita Amoneit über das food4future-Mitmachexperiment

25.05.2023
Teilen auf

Madita Amoneit ist wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Forschungsgruppe Responsible and Sustainable Innovation ("Verantwortungsvolle und Nachhaltige Innovation") unter der Leitung von Dr. Dagmara Weckowska am Lehrstuhl für Innovationsmanagement der Freien Universität Berlin. In food4future untersucht sie den Einfluss und die Auswirkungen von Partizipation von Lai*innen- und Fachöffentlichkeit in Forschungsvorhaben. Sie spricht über die Ziele des kürzlich in die zweite Runde gestarteten food4future Mitmach-Experiments zum Thema Ernährung der Zukunft, die Forschungsfragen, die es beantworten soll, sowie die Bedeutung der Beteiligung der Öffentlichkeit für die Entwicklung von Agrifood-Innovationen.
 

Was erwartet die Teilnehmenden beim food4future-Mitmach-Experiment? Und was unterscheidet das Online-Experiment von einer Umfrage?

Madita Amoneit: Vereinfacht gesagt, wird bei einem Experiment der Einfluss einer Sache auf eine andere untersucht. Mit dem food4future Mitmach-Experiment wollen wir testen, ob und wie die Meinung der Öffentlichkeit die Arbeit der food4future-Forschenden beeinflussen kann. Die Fragen und Antworten aus dem Experiment werden an unsere Kolleginnen und Kollegen im Projekt zurückgespielt, sodass die Erkenntnisse aus der Online-Umfrage in die Forschung einbezogen werden können. Die Teilnehmenden erwartet somit die Möglichkeit, im Rahmen des Mitmach-Experiments ihre eigenen Meinungen zu neuen Lebensmitteln aus Algen, Salzpflanzen, Grillen oder Quallen, sowie zu neuen urbanen Anbausystemen mitzuteilen. Außerdem können sie aus ihrer Sicht mögliche positive und negative Folgen äußern. Dabei können sie sich sicher sein, dass die Meinungen, die sie mit uns teilen, an diejenigen weitergegeben werden, die an solchen Lebensmitteln forschen und auch gegebenenfalls entwickeln.

Welche Forschungsfrage möchtest du mit dem zweiten Mitmach-Experiment beantworten? Inwiefern unterscheidet sich diese von der ersten?

Madita Amoneit: Wir haben die zweite Runde des Mitmach-Experiments gestartet, um ein noch tieferes Verständnis der Wahrnehmung für mögliche Entwicklungen zukünftiger Ernährung zu erlangen. In der ersten Runde des Mitmach-Experiments, die Ende 2020 bis Mitte 2021 lief, haben wir einen guten Einblick erhalten, ob die breite Öffentlichkeit in Deutschland die food4future-Agrifood-Innovationen als wünschbar und wahrscheinlich für die zukünftige Ernährung ansehen und sie im Allgemeinen als positiv bewerten. Das war sehr hilfreich, um abzuschätzen, wo uns die Reise noch hinführen kann. In der zweiten Runde des Mitmach-Experiments untersuchen wir nun bestimmte Faktoren, die die Wahrnehmung der Öffentlichkeit gegenüber den food4future-Agrifood-Innovationen beeinflussen können. Ein solcher Faktor kann das Lebensumfeld sein, also ob man ländlich oder urban lebt, oder auch die Art und Weise, wie man sich ernährt. So können wir lernen, welche dieser Faktoren eventuell zu einer positiveren Wahrnehmung oder aber zu einer negativeren Einstellung gegenüber den Innovationen führen.

Die zweite Runde des Mitmach-Experiments startete im März 2023. Illustration: food4future.

Kannst Du abschätzen, wer bei den food4future-Umfragen mitmacht und, ob es soziodemografische Häufigkeiten für eine Gruppe gibt bzw. ob manche Gruppen gar nicht vertreten sind?

Madita Amoneit: Wir hoffen, mit der Online-Umfrage eine niedrigschwellige Teilhabemöglichkeit zu schaffen und so unser Ziel, eine heterogene Stichprobe zu bekommen, auch zu erreichen. Wir wollen möglichst unterschiedliche Personengruppen ansprechen: Personen unterschiedlichen Alters, verschiedene Geschlechtsidentitäten, Personen aus verschiedenen Teilen Deutschlands. Das stellt sicher, dass wir eine große Bandbreite und Variation der Wahrnehmung und Perspektiven gegenüber unseren Agrifood-Innovationen einfangen können. Darum haben wir neben der breiten Öffentlichkeit in der zweiten Runde des Mitmach-Experiments auch Expertinnen und Experten aus dem Food-Bereich eingeladen – insbesondere aus der Förderlinie Agrarsysteme der Zukunft. So können wir auch Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Wahrnehmung zwischen breiter und Fachöffentlichkeit aufdecken.

Was interessiert Dich persönlich am meisten am Mitmach-Experiment?

Madita Amoneit: Ich finde besonders spannend, was verschiedene Menschen denken und fühlen und wie sich die Bedürfnisse von Mensch zu Mensch im Hinblick auf zukünftige Ernährung unterscheiden. Zudem möchten wir den verantwortungsvollen Forschungsansatz in food4future stärken, indem wir die Wahrnehmung der Öffentlichkeit bereits in frühen Stadien der Forschung einbeziehen. Verantwortungsvoll forschen bedeutet unter anderem, sich der gesellschaftlichen Verantwortung bewusst zu sein. Dadurch dass wir die Meinungen der Öffentlichkeit an unsere Kolleginnen und Kollegen zurückspielen, können die Forschenden diese in ihrer Forschung direkt berücksichtigen. Das Thema verantwortungsvolle Forschung und wie diese gefördert werden kann, ist für mich sehr reizvoll.

Madita Amoneit präsentiert ihr Projekt bei einer Fachtagung der Gesellschaft für angewandte Wirtschaftspsychologie in Essen. Foto: Privat.

Du hast Psychologie studiert. Was hat Dich bewogen, im Bereich Innovationsmanagement und Partizipation zu forschen?

Madita Amoneit: Ich habe food4future im Laufe meines Studiums kennengelernt und fand das Forschungsprojekt sehr spannend. Grundlegend ist Psychologie die empirische Wissenschaft vom Erleben und Verhalten des Menschen. Wenn wir bei food4future über zukünftige Ernährung und innovative Nahrung aus nachhaltiger Produktion nachdenken, muss auch der Faktor Mensch von Anfang an mitgedacht werden. Da ist die Partizipationsforschung sehr wichtig, weil sie uns hilft, das Erleben und Verhalten von Menschen zu verstehen, indem Menschen direkt in die Forschung einbezogen werden – und das teilweise auch schon in sehr frühen Forschungsstadien. Das kann dabei unterstützen, zukünftige Entwicklungen insbesondere im Bereich Ernährung, auf die Bedürfnisse der Menschen früh und rechtzeitig anzupassen und auszurichten.

Wie ist die bisherige Resonanz auf das Mitmach-Experiment? Bist du zufrieden?

Madita Amoneit: Ja, ich bin sehr zufrieden. Wir haben bereits über 1000 Klicks auf die Umfrage, und bisher knapp 300 gültige Fragebögen. Mit gültigen Fragebögen meinen wir, dass die Teilnehmenden alle Fragen beantwortet haben, also das Experiment bis zum Ende durchgegangen sind.
Ich möchte gerne noch alle einladen, das Mitmach-Experiment im Familien-, Freundes- und Bekanntenkreis zu teilen! Bei dieser Gelegenheit kann man einen spannenden Austausch über zukünftige Ernährung mit eigenen Ideen und Vorstellungen anregen. Das food4future-Experiment dauert nur zehn bis fünfzehn Minuten und gibt allen die Chance, die Zukunft der Ernährung mitzugestalten. Bis Ende Juni können Interessierte noch mitmachen.