Determinanten und Auswirkungen von Ernährungsentscheidungen
Das Teilprojekt „Determinanten und Auswirkungen von Ernährungsentscheidungen“ befasst sich mit möglichen Konsequenzen der beiden Extremszenarien „No Land“ und „No Trade“ auf Konsumenten, Institutionen, sowie unserer Gesellschaft als Ganzes. Die Veränderung unseres derzeitigen Ernährungssystems vor dem Hintergrund beider Szenarien geht einher mit drastischen Veränderungen von Preis, Qualität, Vielfalt und Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln und verlangt sowohl eine Anpassung der individuellen Präferenzen als auch der Institutionen des Ernährungssystems. Wir untersuchen auch, wie in der Überschneidung von „No Land“ und „No Trade“ der extreme Umbruch in der Erzeugung und Bereitstellung von Lebensmitteln selbst zum Treiber sozialer Transformation und, unter Umständen, zu einer Gefahr für den gesellschaftlichen Zusammenhalt werden kann.
Ziel ist es zunächst, zu identifizieren, welche individuellen Faktoren die menschliche Anpassungsfähigkeit in Hinblick auf Ernährungsentscheidungen in gesellschaftlichen bzw. ökologischen Umbruchsituationen bestimmen. Welche Rolle spielen z.B. die eigene Biografie, Bildung, kulturelles Verständnis von Essen, Gruppenidentitäten, Persönlichkeitsmerkmale, oder die gesellschaftliche Position? Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf möglichen Unterschieden im Entscheidungsverhalten von Verbraucher*innen, Expert*innen und politischen Entscheider*innen, die sich auf den Umgang mit den Herausforderungen des Ernährungssystems auf politischer Ebene auswirken können. Darüber hinaus beantworten wir die Frage nach den Folgen extremer Umbrüche im Ernährungssystem auf die Gesellschaft, das heißt inwiefern ein divergierendes Essverhalten eine gesellschaftliche Spaltung befeuern kann und ob das Essverhalten die soziale Gruppenidentität prägt und dadurch zu Gruppenkonflikten führt? Macht es einen Unterschied, ob eine Ernährungsform freiwillig gewählt oder einem durch äußere Umstände auferlegt wurde? Und durch welche Maßnahmen kann man diesem Trend ggf. entgegenwirken? Besonderes Interesse gilt hierbei den Maßnahmen auf institutioneller Ebene, um potentielle gesellschaftliche Konflikte zu vermeiden.
Diese Fragen werden mithilfe von verhaltensökonomischen Laborexperimenten untersucht. Die Verhaltensökonomik ist ein noch relativ junger Bereich der Wirtschaftswissenschaft, der untersucht, wie Menschen wirtschaftliche Entscheidungen treffen, ob sie eher intuitiv oder rational handeln, und welche Auswirkungen ihre Entscheidungen für sich und andere haben. Erkenntnisse der Psychologie und anderen Sozialwissenschaften werden dabei explizit miteinbezogen.
Text: H. Freudenreich, T. Brück (beide IGZ)
Kontakt
Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau (IGZ)
Theodor-Echtermeyer-Weg 1
14979 Großbeeren
Webseite
www.igzev.de
Projektlaufzeit
März 2019 - Februar 2024
Interaktion zu f4f- und assoziierten Partnern
FUB, HUB, IRI THESys, ZMT
Prof. Dr. Tilman Brück
Projektleiter | Leitung Forschungsfeld Sozialwissenschaftliche Analyse
brueck@igzev.de
T +49 (0) 33701 78-124
Prof. Dr. Tilman Brück leitet die Forschungsgruppe “Wirtschaftliche Entwicklung und Ernährungssicherheit” am Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau in Großbeeren bei Berlin. Er ist auch Visiting Professor an der London School of Economics und Mitgründer und Ko- Direktor des Households in Conflict Network (www.hicn.org) sowie Koordinator des Home Gardens for Resilience and Recovery (HG4RR) Netzwerkes. Seine Forschung untersucht das Verhalten, die Ernährungssicherheit und die Wohlfahrt von armen und vulnerablen Haushalten in Konfliktregionen sowie in fragilen und humanitären Situationen. Tilman Brück hat in Volkswirtschaftslehre an der University of Oxford promoviert.
Mekdim D. Regassa ist Doktorand im Programmbereich „Pflanzenqualität und Ernährungssicherung“ am Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau (IGZ). Seine Forschungsinteressen umfassen ökonometrische Methoden zur Politikevaluation, Lebensmittelauswahl und Wohlfahrtsdynamik in Haushalten. Im Rahmen von food4future untersucht er, wie Verbraucher*innen auf extreme und sich schnell verändernde Institutionen und Umgebungen reagieren.
Dr. Hanna Freudenreich
ehem. Mitarbeiterin
Stojetz W., Ferguson N.T.N., Baliki G., Díaz O.,Elfes J., Esenaliev D., Freudenreich H., Koebach A., Abreu L., Peitz L., Todua A., Schreiner M., Hoeffler A., Justino P., Brück T. (2022). The Life with Corona survey (Social Science & Medicine)
doi:10.1016/j.socscimed.2022.115109
Freudenreich H., Aladysheva A., Brück T. (2022) Weather shocks across seasons and child health: Evidence from a panel study in the Kyrgyz Republic. World Development Vol. 55.
doi:10.1016/j.worlddev.2021.105801
Abreu, L., Koebach, A., Díaz, O., Carleial, S., Hoeffler, A., Stojetz, W., Freudenreich, H., Justino, P. and Brück, T. (2021). Life With Corona: Increased Gender Differences in Aggression and Depression Symptoms Due to the COVID-19 Pandemic Burden in Germany. Front. Psychol. 12:689396.
doi:10.3389/fpsyg.2021.689396
Freudenreich H., Demmler K. M., Fongar A., Jäckering L. (2020). Effective interventions to increase food and nutrition security in response to Covid-19. Policy Brief: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) und Entwicklung und Deutsches Evaluierungsinstitut der Entwicklungszusammenarbeit (DEval).
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